Fotografieren mit digitalem Speichermedium hat viele Vorteile, es ist sehr komfortabel, und ich finde es bei wichtigen Aufnahmen immer sehr beruhigend, sofort das Ergebnis zu sehen – ist es gelungen, oder muss es wiederholt werden?
Auf der anderen Seite ist da für mich die spürbare Magie des Analogen, auch ist das letzte Risiko nicht auszuschließen, dass dein wichtiges Bild „in die Hose gegangen“ ist.
So wie bei meinen Portrait-Shoots mit der 4×5 Toyo Monorail vor wenigen Wochen. Alle 6 Aufnahmen waren nach dem Entwickeln praktisch nicht zu sehen – sechs fast durchsichtige Negative, auf denen sich nur wie ein Geisterschatten die Köpfe der Porträtierten abzeichneten.
Mit dem gleichen (zugegebenermaßen nicht mehr ganz frischen) Entwickler hatte ich einige Tage vorher noch ein Negativ entwickelt, mit perfektem Ergebnis.
Nein, so etwas hatte ich noch nie erlebt! Ich überprüfte immer wieder meine notierten Aufnahmedaten – Belichtungsmessung, Lichteinstellung, Blende & Verschlusszeit, Kompensation des Balgenauszugs… und die Daten der Filmentwicklung, ich grübelte und war ratlos: Ich fand keine Erklärung. Vielleicht doch der Entwickler?
Ich beschloss, einen neuen Versuch zu starten, bevor ich mich an wichtige Vorhaben machte. Ich hatte neuen Entwickler im Schrank, und als Motiv wählte ich ein Stillleben mit Dingen aus dem Leben meines längst verstorbenen, auch fotografierenden Großvaters.
Die Kassetten der Toyo lud ich wieder mit 100er Fomapan, klemmte das 240er Symmar-S an die Frontstandarte, dann suchte ich, bewaffnet mit meiner Lupe, mit immer wieder prüfendem Blick durch die Mattscheibe den richtigen Winkel für den Front-Tilt, um einen möglichst großen Schärfebereich zu erhalten. Licht gab ich mittels eines Durchlichtschirms auf die Szene – zu Testzwecken einmal mit Dauerlicht, dann mittels Blitz.
Schließlich die Entwicklung, zu der ich noch zwei zurückgehaltene Negative aus dem verpatzten Shooting in den Entwicklungstank gab.
Bange Erwartung… dann Entwarnung. Alles gut mit den neuen Bildern – wieder Schrott die beiden alten.
War ich jetzt schlauer? Eigentlich nicht. Aber doch wieder etwas beruhigt.
Zum Bild:
Mein Großvater Max Richard Mehner war sehr belesen (viele seiner alten Klassiker-Bücher habe ich noch), dann gibt es ein Gruppenbild der Mitarbeiter seiner Strumpffabrik, wo er leitender Angestellter war, ich habe noch seinen Militärpass sowie ein klassisches Studioportrait seiner späteren Frau Berta.
Das Negativ habe ich eingescannt und ganz zurückhaltend bearbeitet – lediglich eine Prise “Kaffee-Tonung” habe ich zugefügt, damit das Ganze ein bisschen “Schmelz” bekommt.
Voilá!
Lieber Max,
eine spannende Geschichte die Du uns erzählst.
Ich habe nie Bilder selber entwickelt, kann also nur zum Teil die bewusst in Kauf genommene Unsicherheit nachvollziehen. Stelle es mir aber sehr enttäuschend vor nach der vielen Arbeit und Vorbereitung.
Herzlichen Dank fürs Teilen.
Volker
Hallo Max,
danke für die Einblicke in deine Arbeitsweise und deine Gedankenwelt.
Bis 1998 habe ich ein eigenes SW-Labor betrieben und viele, viele Negativfilme entwickelt. Das eine oder andere ist schief gegangen. Aber so ein Fehlerblid ist mir auch noch nie vorgekommen. Immer noch was neues…”
Vielen Dank fürs zeigen
Gerhard